Jetzt vernetzte Zimmer kaufen

Mit dem Schriftzug JETZT VERNETZTE ZIMMER KAUFEN vor Augen, erwache ich am frühen Morgen aus einem Traum. Sofort sind alle Zusammenhänge verschwunden. Vermutlich standen die vier Worte auf einem Plakat, aber ich weiß nicht mehr, ob es auf einer Demo getragen wurde oder übergroß an einer Hauswand hing oder in eine Bushaltestelle geklebt war oder zu einer Fernsehwerbung gehörte. Ich sehe nur noch den schwarz auf weiß kombinierten Imperativ vor mir und überlege, was er bedeuten könnte.

Zum Beispiel ein Leben aus dritter Hand. Alles ist schon da: die Zimmer, ihre Vernetzung,  das Geld. Sogleich, wenn ich nur will, kann ich dazu gehören. Zu wem? Als Wohnungsloser zu Wohnenden? Als Aufsässiger zu Ansässigen? Als Einzelner zu einer Community? Als Nomade, Verjagter oder Suchender zu Beheimateten? Und wie vernetzt? Tür mit Tür? Digital verkabelt? Aufeinander angewiesen?

Das auffordernde Angebot vermittelt auch den Eindruck, dass freiwillige oder notgedrungene Isolation nicht wünschenswert ist. Dass es gut möglich zu beenden wäre. Wenn ich es mir leisten kann. Zu verschenken gibt es nichts. Wieder einmal ist das keine gute Nachricht für die Mittellosen. Wieder mal keine Traumwelt, in die in letzter Zeit – es ist mir schon aufgefallen – häufig die Wirklichkeit dringt. In meinem Bett in einer gut vernetzten Wohnung, in der ich einigermaßen rechtssicher eingemietet bin, erzeugt mein sprachbasiertes Denken die aussichtsreiche Vorstellung, immerhin die vier Worte erhalten und in aller Ruhe weiter bedenken zu können.

Ich erinnere die Szene eines vor langer Zeit gesehenen Spielfilms. Darin schaut ein Wolf in einer weiten menschenlosen Gegend von einer Anhöhe auf eine nächtliche Landschaft, um schließlich mit dem Blick in den Mond zu verharren, der groß und rund über dem Horizont schwebt. Dazu kommt auch der damalige Gedanke wieder, ob das Tier wie ich bei diesem Anblick von dem gleichen Gefühl für Schönheit und die Zugehörigkeit zu einem Naturganzen durchdrungen wird.

Hinzu kommt jetzt die Idee, dass Empfindungen dieser Art mit menschlicher Sprache gepaart, vielleicht aller Ursprung für Kreativität sind.

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