Werdegang

Geboren bin ich 1949 im anhaltinischen Dessau, vier Jahre nach der verheerenden Zerstörung der Stadt kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Frau, die mich gebar, war damals Dreiundzwanzig und hatte eine kinderlose Kriegsehe hinter sich. Ich war ein Zwischenfall, bevor sie ihren Mann für’s Leben fand und mit ihm, kurz nach meinem ersten Geburtstag, über die „Grüne Grenze“ nach Nordrhein-Westfalen ging. Mich ließ sie bei ihren Eltern zurück. Sie sorgten dafür, dass mir die biologischen Eltern nie fehlten.

Nach der achten Klasse durfte ich auf die Erweiterte Oberschule „Philanthropinum“. Dort kam ich nicht weit genug, um anschließend Astronomie studieren zu können. Ich ließ mich überreden, Lehrer zu werden, verweigerte aber, selbstbewusster inzwischen, den Schuldienst. Mit Neunzehn fing ich an, Gedichte zu schreiben.

1972 bewarb ich mich mit Gedichten und Kurzprosa erfolgreich für ein Studium am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“. Das Lehrpersonal fanden eine spezielle Begabung für Essays heraus. Leben würde ich davon nicht können, fand ich heraus. In der „Deutschen Bücherei“ las ich die ersten Veröffentlichungen des „Club of Rome“. Sie prägten fortan meine Weltsicht. Nach dem Institut wurde ich Dramaturg am Landestheater Eisenach. Dorthin zog ich, inzwischen verheiratet, im Jahr 1980.

Im Frühjahr 1989 kehrte ich mit Frau und einer heute queeren Tochter nach Leipzig zurück, wenige Monate vor dem Zusammenbruch der DDR, den ich hautnah erlebte. Der Verlag, in dem ich als Lektor für Reiseliteratur arbeitete, hatte im vergrößerten Deutschland keine Chance. Seine Substanz wurde gefleddert und die Belegschaft abgewickelt.

Die Leipziger Umlandgemeinde Mölkau stellte mich als Amtsleiter ein und bot ein knappes Jahrzehnt lang ein erfüllendes Betätigungsfeld. Im Jahr 2000 wurde sie im Zuge einer Gebietsreform Leipzig eingemeindet. Ich wurde ‚übernommen‘ und in einer erstickenden Bürokratie hinter einen belanglosen Schreibtisch gesetzt. Anstatt das Weite zu suchen, entschied ich mich für eine Sinnoffensive.

Mit Tastatur und Bildschirm reiste ich heimlich täglich oft stundenlang im World Wide Web, recherchierte und schrieb, notgedrungen, endlich Essays. 2012 eröffnete ich einen Internet-Blog, um mich zu zeigen. Inzwischen ist er Sprachlabor, Startbahn für meine Neugier und Frühbeet für die Anzucht gescheiter Gedanken und Ideen.