Selten füllt mich Freude restlos aus. Die Gründe für solche Glückstage sind ganz verschieden, doch ist es so ein Tag, weiß ich es sofort. Lange hielt ich diese Tage für Trostpflaster. Inzwischen empfange ich sie als Quellpunkte meiner Lebenslust.
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So wie am 24. Januar 2025, als ich nachmittags im Auto von Leipzig Richtung Potsdam fuhr. In Leipzig war ich zuvor beim Urologen, wo ich mit Sorge einen aus einer Blutprobe ermittelten PSA-Wert erwartete. Vor einem war er deutlich erhöht und der Arzt wollte, dass ich mich einer Biopsie unterziehe, um einen Karzinom-Verdacht abzuklären. Das lehnte ich ab, als ich im Internet die geringe Aussagekraft einer solchen Probe recherchiert hatte und schon der Eingriff selbst nicht risikolos war.
Angst hatte ich auch, doch entscheidend war die Unsicherheit, die blieb, wenn das Ergebnis der Biopsie negativ wäre. Nur 3 von 1000 Männern, las ich von einer Studie, hatte ein solcher Verdachtstest vor dem Sterben an Prostatakrebs bewahrt. Würden aber Krebszellen gefunden, hätte das noch lange keinen Krankheitswert, und 60 von 1000 Männern hätten eine unnötige Krebsbehandlung erhalten. Auch eine vergrößerte Prostata, die bei mir schon vor Jahren festgestellt wurde und einen höheren PSA-Wert verursachte, war noch kein Hinweis auf eine Bösartigkeit.
Jetzt aber, 11 Monate später, war der Wert gleich geblieben, untypisch für ein heranwachsendes Karzinom. Das hieß Entwarnung! Entsorgnis! Da fing sie an, mich auszufüllen, die restlose Freude und verband sich während der Autofahrt mit einem lange nicht mehr gehörten Lied zu diesem restlosen Glücksgefühl. „Torn“ war das Lied, das mit der australischen Sängerin Natalie Imbruglia 1997 ein Welthit wurde. MDR Jump, die Popwelle des Mitteldeutschen Rundfunks, spielte ihn, derselbe Sender, der schon im Warteraum des Urologen zu hören war. Was für kein Zufall.
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In manchen Details ähnelt das meinem „Happyday“ am 21. Januar 1991. Da hörte ich im Auto auf der Fahrt vom Mölkauer Gemeindeamt nach Hause das Lied „Nah Neh Nah“ der belgischen Band Vaya Con Dios mit der Frontfrau und Umweltaktivistin Dani Klein, die es 1990 zum Welthit sang. Davor hatte ich vom Bürgermeister der Leipziger Umlandgemeinde erfahren, dass mein Einstellungsgespräch von vor einer Woche erfolgreich war und ich im Februar Leiter des Hauptamtes der neu strukturierten Ortsverwaltung sein würde.
Begonnen hatte meine berufliche Odyssee nach dem ‚Wendeherbst‘ 1989, dem im Mai darauf die ersten freien Wahlen in der DDR folgten. Der Verlag, in dem ich Lektor war, wurde jener Tage wie die gesamte volkseigene Wirtschaft der DDR ‚abgewickelt‘. Bewerbungen als Vertreter für westdeutsche Verlage im DDR-Gebiet waren gescheitert. Eingestellt wurde ich von einer Versandhandelsgesellschaft aus den alten Bundesländern für erstaunliche 2000 D-Mark Festgehalt als Vertriebsleiter, merkte aber bald, dass es den Wessis vor allem darum ging, ihren Ossi-Brüdern und -Schwestern mit halbseidenen Sparverträgen die D-Mark schnell wieder aus den Taschen zu ziehen.
Der Job im Gemeindeamt war eine solidere Zuflucht inmitten einer egozentrischen Gesellschaft, die heute noch die meisten lieber nehmen als die gescheiterte Illusion einer Gemeinschaft aus gebesserten Menschen. „Ney, nah neh, nah“, sang ich lauthals mit und schrieb daheim ins Tagebuch: „Für mich ist das der schönste Tag seit der Wende.“ Die endgültige Ernüchterung folgte acht Jahre später, als sich der Sächsische Verfassungsgerichtshof über freien demokratischen Bürgerwillen hinwegsetzte und Mölkau zur Eingemeindung in die Stadt Leipzig verurteilte. Mit dem Lied von Dani Klein wird mir bis heute die Zeit in Mölkau als eine gute aufgehoben.
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