sozialer Befund

Nachgiebigkeit und jemandem etwas zuliebe tun, gilt häufig schon als persönliche Schwäche. Bei Geschenken wird vom Schenkenden oft eine zeitnahe Gegenleistung erwartet und dem Beschenkten gern als verpflichtend suggeriert. Wie kann die Gesellschaft da in einer guten Verfassung sein, und wer und warum soll beabsichtigen, diese Soft Skills zu verändern?

Etwas anders ist es mit der Wahrheit. (Hier fällt mir eine Szene aus dem Science-Fiction-Film „Interstellar“ ein, als der Raumschiffpilot Cooper den Roboter TARS fragt, ob er ihm  stets die Wahrheit sage. Die Antwort ist: „90 Prozent“. Das sei, erklärt TARS sinngemäß, die dem Menschen und seinem Vernunftpotential angemessene Quote. „Um des lieben Friedens Willen“, könnte ich aus meiner Menschenperspektive sagen.

Meine ich mit ‚wahr‘ das, was wirklich ist, müsste ich, einfach gesagt, genaugenommen jeden Tag nach dem Aufstehen neu überprüfen, ob Zwei plus Zwei noch Vier ist. Ernsthafte Mathematiker tun das, denke ich mir. Und warum? Weil mein Gehirn in einer dunklen Knochenhöhle liegt und darauf angewiesen ist, was meine Sinnesorganen ihm einspielen, was also ich – gutgläubig, selbstbewusst oder zweifelnd – von meiner Umgebung wahrnehme. Für wahr halte. Stimmt es noch, ist für mich noch alles gut. Wirklich?

Stimmt es nicht mehr‚ ist es in der Sphäre der Mathematik wahrscheinlicher, dass mein Denken nicht mehr funktioniert, als dass die Umwelt sich verändert hat. Auch beides ist möglich. Geht es allerdings um sinnliche Wahrnehmung, ist schon eher die Zuverlässigkeit meiner dafür vorhandenen Organe anzuzweifeln. Ihr Totalversagen ist für mein Sozialverhalten der Worst Case, im Naturgeschehen nur eine kleine Episode.

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