Hervorgehoben

Ist es klug, die eigene Unabhängigkeit als persönliche Freiheit zu feiern? Meist fußt sie doch nur auf einem Anschein und ist in Wirklichkeit ein oberflächliches Wunschdenken. Es ist nicht nur närrisch, ohne Geben und Nehmen leben zu wollen, sondern unmöglich. Um mich mit dieser Einsicht so entwickeln zu können, dass ich fähig für den Austausch mit der Welt werde, braucht es andere Begriffe als diese zwei missverständlichen.

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WOHIN MIT DEM KULTURGUT?

In einer filmischen Dokumentation über den tunesischen Musikstil Stambali, auch Stambeli, der als Teil einer religiösen Zeremonie in Zeiten entstand, als es schwarzafrikanische Sklav:innen in Tunesien gab, sagt heute der Musiker und Ethnomusikologe Mohamed Kachnaoui:

„Meiner Meinung nach darf man nicht mit der Vorstellung verhaftet sein, dass der Stambeli als Kulturgut bewahrt werden muss. Um ihn lebendig zu halten, darf man ihn nicht in einen Käfig sperren, sonst riskiert man den Stillstand. Man muss diese Musik spielen, den Stambeli praktizieren. So einfach ist das.“

Museen als Kulturgutretter: So einfach ist das nicht.

„Die Generation meiner Kinder wird leider die volle Wucht der kommenden Stürme abbekommen, und ich würde es sehr begrüßen, wenn meine Generation weniger Energie darauf verwenden würde, sich wegen der Vergangenheit schuldig zu fühlen, sondern die Energie nutzen würde, um mehr Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.“

Sagt die italienische Schriftstellerin Francesca Melandi (geb. 1964) im „Amnesty Journal“ 02/25

MENSCHLICHES

Mit jedem Krieg wird das Menschliche fortgeschrieben. Das ist insofern ent-täuschend, als es nicht weiter das vor-täuscht, was wir in guten Momenten (in denen es uns vor allem selbst gut geht) für menschlich halten, sondern was der Wirklichkeit, die wir seit Menschengedenken erleben, nahe kommt.

Ich lebe wie auf einem guten alten Bauernhof. Dort wird sich zuerst um die Tiere gekümmert. In meinem Leipziger Oberstübchen ist das mein Körper. Jeden Morgen versorge ich ihn wechselweise mit Gymnastik und Fitnessläufen, siebenmal die Woche (ausgenommen Reisen, Termine, Regen und Kälte). Danach kommt mein Oberstübchen an die Reihe: die Beschäftigung mit der Welt und dem menschlichen Dilemma, das ich nicht auflösen kann: die Unfähigkeit, meine besondere Gabe der Erkenntnis in ein Handeln umzuwandeln, das möglichst viel und vielen Zeit eröffnet. Womit ich mich im Resultat durch nichts aus anderen Lebensformen heraushebe.