Sie erinnern mich.
Aha. An wen?
An eine Filmfigur. An Eve. Eve Democracy in Jean-Luc Godard’s „One plus One“.
Respektive „Sympathie for the Devil“.
Genau. Eve.
Gertie. Gertie Tesch.
Was tun Sie hier? An diesem Montagabend im Januar in Leipzigs Mitte? In diesem Zusammenlauf, der sich LEGIDA nennt und sich auf PEGIDA beruft: „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Eine Bewegung, die im vergangenen Herbst in Dresden begann.
Nach dem Volk sehen. Hören Sie, was es ruft: „Wir sind das Volk!“
Wirr.
Ja.
Von „werre“ abgeleitet. Das hieß dereinst auch „Krieg“.
Die hier seh’n friedlich aus.
Empört.
Uneinverstanden. Sie fühlen sich bevormundet und übergangen, vermissen Demokratie.
Hören aber auch nicht gern, dass sie tagtäglich über ihre Verhältnisse leben und viele Gewohnheiten ändern müssten, um eine Zukunft zu haben.
Ja.
Der eigene Wohnstand soll wachsen. Auf wessen Kosten, ist ihnen egal.
Ja.
Kurzsichtig ist das und dumm.
Ja.
Das Abendland verteidigen. Das jahrhundertelang aus aller Welt Zusammengeraubte. Mit Mauern und Zäunen.
Da sind sie mit ihren Staats- und Wirtschaftslenker*innen d’accord.
Wie kann aus Doppelmoral und Nationalismus eine globale Zuversicht wachsen?
Gar nicht. Allenfalls aus Katastrophen und Notlagen.
Eine schöne Perspektive.
Eine fatale.
Das will ich damit sagen. Zurück in die Zukunft.
Sarkasmus ist keine Lösung.
Satire etwa? Da wird in Frankreich die Hälfte der Redaktion der Zeitung CHARLIE HEBDO von radikalisierten Islamisten erschossen, und am gleichen Tag erscheint ein Roman, der einen muslimischen französischen Präsidenten im Jahr 2022 als Zukunftsvision für ein sich wandelndes Europa erfindet.
Sie sprechen von Michel Houellebecq’s Roman „Unterwerfung“ …
… der Ende dieser Woche auch in deutsche Buchläden kommt.
Aus Sympathie für die Opfer des Anschlags deklamieren jetzt viele Franzosen: „Je suis Charlie“.
„Ich bin Charlie.“
Sie auch?
Ich nicht. Für mich bewegen sich die Mohammed-Karikaturen von CHARLIE HEBDO auf dem gleichen barbarischen Kulturniveau wie das jener Kolonialisten Amerikas im 15. und 16. Jahrhundert. Diese Arroganz der Abendländer. So kommen wir doch nicht weiter?
Und wie?
Ich denke nach.
Aha. Bonsoir.