Greta Thunberg in New York

„Das ist alles falsch. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte auf der anderen Seite des Ozeans wieder in der Schule sein.“

So beginnt Greta Thunberg ihre Rede vor der versammelten Verantwortung für den Planeten beim UN-Klimagipfel in New York. Die drei Sätze sind der Auftakt einer meisterlichen Rede, mit der die junge Schwedin eigene Empörung und Verletzung teilen will.

„Dabei bin ich noch eine der Glücklichen. Die Menschen leiden, sie sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Beginn eines Massensterbens und alles, worüber ihr sprechen könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wirtschaftswachstum – wie könnt ihr es wagen?“

Wie könnt ihr nichts dagegen wagen, meint die Schwerverletzte. Stattdessen nur kommen und gehen und reden und streiten, nur immerfort wider besseres Wissen nur nichts bewegen und sich selbst schon gar nicht.

„Die Wissenschaft ist seit mehr als 30 Jahren glasklar. Wie könnt ihr es wagen wegzu-schauen und jetzt hier zu sagen, dass ihr genug tut, wenn die notwendige Politik und Lö-sungen noch immer nicht in Sicht sind?“

Es war schiere Angst, die ihren Mut zur Mühe trieb, geregelte Abläufe zu verlassen, mit denen wir uns in Sicherheit wiegen sollen. Ein Jahr her ist es erst – mir kommt es vor wie ein ewiger Augenblick! – dass sie mit einem Schild vor das schwedische Parlament zog, weil sie sich mit dessen leeren Versprechungen nicht abfinden konnte.

„Ihr sagt, dass ihr uns hört und die Dringlichkeit versteht, aber egal, wie traurig und wütend ich bin, ich will das nicht glauben. Denn wenn ihr die Situation wirklich verstehen und trotz-dem weiter nicht handeln würdet, dann wärt ihr böse, und das will ich nicht glauben.“

Sie will an überhaupt nichts glauben und an niemanden. Sie will (es) wissen. Das aber – und der Verdacht ist nur allzu berechtigt – haben die offiziellen Bildungseinrichtungen noch nie zum Ziel gehabt. Sie sollen auf möglichst reibungsloses Funktionieren vorbereiten. Was letzten (bitteren) Endes noch nie funktioniert hat. Regierungen richten sie ein, natürlich in ihrem Interesse. Die Mächtigen sind ja nicht blöd! Korrupt und feige sind sie regelmäßig, aber nicht blöd.

„Die beliebte Idee, unsere Emissionen in zehn Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine 50-prozentige Chance und das Risiko, irreversible Kettenreaktionen auszulösen, die sich der Kontrolle des Menschen entziehen. […] Ihr verlasst euch darauf, dass meine Generation mit Technologien, die es kaum gibt, Hunderte von Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft saugt. Deshalb sind 50 Prozent für uns, die mit den Folgen leben müssen, einfach nicht akzeptabel.“    

Muss das gesagt werden? So klar und deutlich? Nur, wenn Enttäuschung noch nicht restlos ist. Nur, wenn die gewaltigen Veränderungen, die auf uns zukommen, uns nicht erbarmungslos überrollen sollen. Nicht einfach so. Nicht so einfach.

„Ihr versagt vor uns. Aber junge Leute fangen an, euren Verrat zu sehen. Die Augen aller künftigen Generationen sind auf euch gerichtet. Und wenn ihr uns im Stich lasst, werden wir euch niemals vergeben. Damit werdet ihr nicht durchkommen. Genau hier, genau jetzt ziehen wir die Grenze. Die Welt erwacht und es kommt eine Veränderung, ob ihr es wollt oder nicht.“

Greta Thunbergs vollständige Rede auf dem UN-Klimagipfel am 23. September 2019

 

 

„Das ist alles falsch. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte auf der anderen Seite des Ozeans wieder in der Schule sein. Doch ihr sucht Hoffnung bei uns Jugendlichen. Wie könnt ihr es wagen? Ihr habt meine Träume gestohlen und meine Kindheit mit euren leeren Worten. Und dabei bin ich noch eine der Glücklichen. Die Menschen leiden, sie sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Beginn eines Massensterbens und alles, worüber ihr sprechen könnt, sind Geld und Märchen von ewigem Wirtschaftswachstum – wie könnt ihr es wagen?

Die Wissenschaft ist seit mehr als 30 Jahren glasklar. Wie könnt ihr es wagen wegzuschauen und jetzt hier zu sagen, dass ihr genug tut, wenn die notwendige Politik und Lösungen noch immer nicht in Sicht sind. Ihr sagt, dass ihr uns hört und die Dringlichkeit versteht, aber egal, wie traurig und wütend ich bin, ich will das nicht glauben. Denn wenn ihr die Situation wirklich verstehen und trotzdem weiter nicht handeln würdet, dann wärt ihr böse, und das will ich nicht glauben.

Die beliebte Idee, unsere Emissionen in zehn Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine 50-prozentige Chance, unter 1,5 Grad zu bleiben und das Risiko, irreversible Kettenreaktionen auszulösen, die sich der Kontrolle des Menschen entziehen. 50 Prozent mögen für euch akzeptabel sein, aber diese Zahlen enthalten keine Wendepunkte, kaum Feedback-Schleifen, nicht die zusätzliche Erwärmung versteckt durch giftige Luftverschmutzung und auch nicht die Aspekte wie Fairness und Klimagerechtigkeit. Ihr verlasst euch außerdem darauf, dass meine Generation mit Technologien, die es kaum gibt, Hunderte von Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft saugt. Deshalb sind 50 Prozent für uns, die mit den Folgen leben müssen, einfach nicht akzeptabel.

Um eine 67-prozentige Chance zu haben, unter einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad zu bleiben, hatte die Welt laut Weltklimarat am 1. Januar 2018 im besten Fall noch 420 Giga-Tonnen CO2 über, die sie noch ausstoßen kann. Heute liegt diese Zahl unter 350 Giga-Tonnen. Wie könnt ihr es wagen, so zu tun als ob dies mit Mitteln wie bisher und einigen technischen Lösungen gelöst werden kann? Bei den heutigen Emissionswerten wird das verbleibende CO2-Budget in weniger als 8,5 Jahren vollständig aufgebraucht sein.

Es werden hier heute keine Lösungen oder Pläne entsprechend dieser Zahlen vorgestellt, weil diese Zahlen zu unangenehm sind und ihr noch nicht reif genug seid, um zu sagen, wie es ist. Ihr versagt vor uns. Aber junge Leute fangen an, euren Verrat zu sehen. Die Augen aller künftigen Generationen sind auf euch gerichtet. Und wenn ihr uns im Stich lasst, werden wir euch niemals vergeben. Damit werdet ihr nicht durchkommen. Genau hier, genau jetzt ziehen wir die Grenze. Die Welt erwacht und es kommt eine Veränderung, ob ihr es wollt oder nicht. Danke.“