Gespräche

Leider reden wir sehr gern aufeinander los, oft gedankenlos. Leider gehen (gut?) qualifizierte und (viel zu?) gut bezahlte Journalisten und Moderatorinnen tagtäglich und rund um die Uhr mit schlechtem Beispiel voran. Im TV, Rundfunk und Internet arrangieren sie, oft mit hochrangigen und gut qualifizierten Beteiligten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur (selten aus der Mitte und den sogenannten Rändern der Gesellschaft) ‚Talk-Runden‘, die leider meist zuerst dadurch auffallen, dass man sich ständig ins Wort fällt, sich wiederholt oder schamlos redend nichts sagt. Weil man es nicht will? Weil man es nicht darf? Weil man sich nur in der Tür geirrt und tatsächlich gar nichts zu sagen hat?

Selten haben diese Veranstaltungen ein Ergebnis, mit dem die Beteiligten und die Zuhörer- und Zuschauerschaft gut (weiter)leben können oder besser mit dem Thema umgehen, als zu Beginn der Veranstaltung. Gern unterstelle ich den Beteiligten, dass sie etwas mitteilen, etwas vermitteln wollen, aber immer wieder läuft es auf sich durchsetzen, wenigstens aber erfolgreich verteidigen hinaus. Mit eigener Rede brillieren will schon lange niemand mehr.

Ich halte vor allem zwei Voraussetzungen für wesentlich, um die fatale, enttäuschende Bilanz dieser arrangierten Gespräche zu verbessern.

Die erste ist eine begriffliche Klarheit. Wird nicht zu Beginn oder während des Gesprächs für alle geklärt, was für das Gespräch wichtige Worte bedeuten und Konsens erzielt, dass alle im Gespräch das gleiche meinen, wenn sie sie verwenden, ist ständiges Missverstehen und Aneinander-vorbei-reden vorprogrammiert.

Die zweite Voraussetzung ist der Perspektivwechsel. Ich muss meine Perspektive verlassen und vorübergehend andere Perspektiven einnehmen können, um meine Umwelt zu verstehen und Verständnis zu entwickeln. Nur dann kann ich meine eigene Perspektive erweitern und meinen bisherigen Standpunkt als ‚einzig wahren‘ oder ‚richtigen‘ relativieren. Nur dann kann sich meine Meinung verändern. Nur dann bin ich in der Layge, anders als bisher zu entscheiden und, schlussendlich, anders zu handeln.

Nur dann bin ich in der Lage, etwas zu tun, das von allgemeinem Interesse ist. Will ich das überhaupt?

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