… das Spiel ist aus. Deutschland ist raus. Und bleibt Geldmeister. Aber Geld allein regiert den Fußball nicht und die Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat, bleiben vorbei. „Alle Spieler sind fit“ und „Wir wollen ein Zeichen setzen gegen Mexiko“ und „Wir haben alles ausgerichtet auf das erste Spiel“ gab der Bundestrainer vor dem ersten Gruppenspiel bekannt, auch „dass in der Vorbereitung (schon) mal einiges schiefgeht“.
Eine Wahrnehmungsstörung wäre eine Erklärung für diese Fehleinschätzung von jemandem, der für 13 Millionen € pro anno nichts anderes zu tun hatte, als sich um die körperliche und mentale Verfassung seiner Luxuskicker zu befassen. Eine Wahrnehmungsstörung, die der bestbezahlte Nationaltrainer der Welt vor dem Fiasko mit seinen Ballspielmillionären und –legionären teilte, dicht gefolgt in breiter Front von der Legion von Spielberichtern und ‚Experten‘. Die haben nun eine schier unüberschaubare Zahl von Leichtgläubigen auf dem Gewissen, von denen es in diesem Land allerdings nicht nur in der Fußballfangemeinde wimmelt.
Mein Erklärungsangebot, ein zweites neben diesem, ist die autistische Spielweise dieser Mannschaft, die allein ihr Trainer zu verantworten hat und bedeutet, dass die Spieler während des Spiels so tut, als seien sie allein auf dem Platz oder die anders Trikotierten bloße Störfaktoren. Das ist ein kollektiver Autismus, der so tut, als wäre Fußball ein Spiel für 11 und nicht für 22 Akteure. Gute Trainer gehen von letzterem aus und bringen ihren Spielern bei, das Spiel der anderen Mannschaft ‚zu lesen‘ und so zu verarbeiten, dass das eigene erfolgreich wird.
Diese Auffassung hat der Bundestrainer längst verlassen und folgt inzwischen der der Klopp‘s und Guardiola‘s mit ihrer Hurra- und Ballbesitzphilosophie, mit der deutlich schwächere Gegner überrannt und nachhaltig beeindruckt werden können. Deutlich schwächer waren Löws Gegner der letzten 11 Tage leider nicht. Kommt hinzu, dass der autistische Fußball ein Verschleißfußball ist. Einmal ist er ungeheuer kopf- und körperintensiv und deswegen nur dort erfolgreich, wo 22 sehr gute Spieler bezahlt und bei Laune gehalten werden können. Außerdem ist sein Erfolg befristet, denn mit den gleichen Spielern ist er länger als eine oder höchstens zwei Spielzeiten nicht zu halten.
Entwickelt sich das Fußballspiel in neoliberal dominierten Gesellschaften, Ungleichheit befördernd, Langeweile im Gefolge, in diese Richtung? Oder bin ich wahrnehmungsgestört, wenn ich in diesem Spiel nach wie vor eine wunderbare Eigenart erkenne, mit der ein Einzelner nicht nur über sich hinaus, sondern in ein gemeinsames Ganze hineinwachsen kann, das mehr ist als die Summe einer Addition. Rein rein rein ist ihr Impetus.