Leben ist in der Erdfrühzeit entstanden. Wie, weiß bis heute niemand, aber etwa vier Milliarden Jahre lang hat es sich auf unserem Himmelskörper entwickelt, umgibt uns, erhält uns und hat uns wahrscheinlich hervorgebracht.
Langsam (zu langsam?) erkennen wir die Komplexität dieser Lebenswelt, ihre zahllosen Wechselwirkungen in sich und mit der unbelebten Natur. Wir erkennen, dass alles mit allem zusammenhängt und voneinander ab. Vermutlich der erste Mensch, der das entdeckte und erfühlte, war Alexander von Humboldt. Zwei weitere Jahrhunderte vergingen, bis die existenzielle Bedeutung dieser Zusammenhäng zu einer allgemeinen Perspektive zu werden beginnt.
Das ist die vielleicht das Großartigste, was unserer Gattung bisher gelungen ist, aber doch nur die Voraussetzung, einen gemeinsamen Weg zu finden, auf dem wir weiterkommen. Weiter in die Zeit, die ohne Selbst-Bewusstsein keinerlei Bedeutung hätte.
Spekulativ ist, warum das irdische Leben außer einer fortwährenden Differenzierung einem seiner Wesen zu dieser sonderbaren Ausstattung verhalf, aber seit das geschah, seit 300 000 Jahren etwa, versucht der Mensch sich nach dem Vorbild der belebten Natur zu organisieren, den Platz, den er einnimmt, zu erkennen, zu ergründen, zu festigen. Warum?
Um der Endlichkeit des eigenen Körpers ein Schnippchen zu schlagen? Das bedürfte einer Selbst-Bewusstheit aber nicht. Jedes Lebewesen gibt sich Überlebens-Mühe, plan- und ziellos allerdings. Als (Bestand)Teil jenes schon erwähnten komplexen Ganzen, das uns nicht minder plan- und ziellos erscheint. Der Zufall ist in ihm das waltende Prinzip aber nicht als Schwäche, sondern als grandiose Aussicht.
Wir indessen, gedankenfähig, haben uns in den Kopf gesetzt, etwas zu wollen und wohin. Unbewusstes scheint uns dabei aufzuhalten und abzuhalten, je weiter wir kommen, umso mehr. Auf- und abzuhalten wovon? Von unserer eigenen ‚Entwicklung‘? Entwickelt Natur sich denn? Weil sie uns hervorgebracht hat? Bewiesen wäre das, wenn deutlich würde, dass wir in der Lage sind, uns in ihr zu halten. Vieles spricht dagegen im Moment.
Ist es individuelle oder gemeinschaftliche Unfähigkeit oder Unausgereiftheit, die uns hemmungslos nach Wachstum rufen lässt? Ist es ein nur noch nicht entdeckter Grund unseres Seins, wenn uns selbst bisher nur Systeme gelingen, die auf unser eigenes Ende als Gattung hinauslaufen? Ist es die Gefangenheit in unserer Perspektive, aus der wir unsere Zeit verkürzen, anstatt sie auszuweiten? Weil wir glauben, davonzukommen, wenn wir das undurchsichtige komplexe Ganze verlassen, anstatt es von innen her, von uns aus aufzuhellen?