Fachkräftemangel

„Lehrlinge fehlen händeringend“, erzählt ein Journalist, eine Fachkraft, im Deutschlandfunk. Dass Unsinn ist, was er sagt, merkt er nicht. Sagen hat er wollen, dass Lehrlinge händeringend gesucht werden. Das ginge als belangloser Lapsus durch, hätte ich nicht den Eindruck, dass immer häufiger nicht gesagt wird, was gemeint ist. Weil man es nicht sagen will? Oder weil die Sprache immer schlechter beherrscht wird? Fehlt es mehr an „Fach“ oder an „Kraft“?

An beidem nicht, sage ich und bestreite den Fachkräftemangel. Zurzeit ist dieses Wort in diesem Land jedoch in aller Munde. Fehlende Substanz und Kompetenz wird damit, meist erstaunt, beklagt, als käme sie aus dem Nirgendwo. Sie ist aber aus dem Boden der Tatsachen gewachsen, in Wirklichkeit also. Nirgendwo sonst als in Wirklichkeit steht in jedem Arbeitsbereich jedoch genau das Personal zur Verfügung, das über Jahrzehnte dort hingestellt wurde. Oder eben nicht. System@isch sozusagen.

Soll ich das ignorieren und stattdessen den in Universitäten, Institutionen und Parlamenten zusammengeballten Verstand in Frage stellen? Tue ich es nicht, sollte ich auch nicht dem abenteuerlichen Narrativ auf den Leim gehen, dass Bäcker oder Bankerinnen, Lehrerinnen oder Lokführer, Pfleger oder Landwirtinnen auf einmal in Schwarzen Löchern verschwinden, sondern akzeptieren, dass auch in der Welt der Arbeitskräfte – wie im großen Ganzen – alle mit allem zusammenhängen.

Mathematisch ausgedrückt leben wir in einer dynamischen Gleichung, die die Bestandsfähigkeit von 85 Millionen Menschen ausdrückt. Sobald sie zur Ungleichung wird, muss in einer Demokratie der Souverän – also das Volk, also ich! – korrigierend eingreifen. Warum habe ich das bisher nicht getan? Aus Bequemlichkeit? Aus Kräftemangel? Oder weil ich zu ahnungslos bin? Mich täuschen ließ? Jetzt bin ich von mir enttäuscht. Zu Recht.

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