Hunderttausende Schülerinnen und Schüler weltweit versammelten sich gestern, um den von der jungen Schwedin Greta Thunberg im Herbst 2018 begonnenen Schulstreik zu multiplizieren. Streiken für das für Kinder und Jugendliche Wichtigste auf Erden: für einen zukunftstauglichen Planeten. Für mehr Ehrgeiz der Erwachsenen beim Klimaschutz. Für die Verantwortung der Politiker. Für Veränderungen statt Verschlechterungen.
300 000 Teilnehmer in über 1600 Städten in über 100 Ländern waren unterwegs, von Melbourne bis Madrid, von Kapstadt bis Köln, in fast allen europäischen Metropolen, in Rom, Paris, London, Wien, Kopenhagen, Stockholm. In Berlin sollen es 20 000 gewesen sein. Und 20 000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben eine Stellungnahme unterzeichnet, die dem Anliegen der Klimabewegung Nachdruck verleiht. Eltern stellten sich mit „Parents for Future“ an die Seite der Jugendlichen.
Ich tat es in Leipzig. Dort waren 2000 auf dem Richard-Wagner-Platz. Die Leipziger Volkszeitung hält die eigene Meinung flach. Schule schwänzen für das Klima? Angela Merkel habe das Engagement gelobt. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sei gegen die Proteste. Eine Fünfzehnjährige aus der neunten Klasse der Louise-Otto-Peters-Schule engagiert sich im Organisations-Team des Leipziger Ablegers der globalen Gruppe. Die letzte Unterrichtseinheit am Freitagnachmittag hat sie verpasst. Ihre Eltern haben ihr eine Entschuldigung geschrieben. Von den Lehrern hat sie positives Feedback bekommen. Ihr Direktor ist stolz, aus seinen Vorschriften eine ausnahmsweise Gestattung ihres Fernbleibens vom Unterricht herausgelesen zu haben. „Eine pauschale Freistellung von Schülern“ hält er aber „nicht für wünschenswert“. Ein Verwaltungsbeamter für Schule und Bildung regt an, man könne „auch im Schulunterricht Umweltprojekte umsetzen“. Der sächsische Kultusminister Dirk Reelfs pocht auf die Schulpflicht.
Dass sie den verpassten Unterrichtsstoff eigenständig aufholen wird, sagt die Schülerin noch. Es hätte ja der eben veröffentlichte „GEO-6-Bericht“ der Vereinten Nationen behandelt werden können, denke ich.
Der Geo-6-Bericht
untersucht die fünf Kernbereiche Atmosphäre, Artenvielfalt, Trinkwasser, Ozeane und Landflächen, wovon die ersten beiden am schwersten belastet sind. Luftverschmutzung und Treibhausgase führen weltweit zu den meisten Todesfällen, Krankheiten und Fluchtbewegungen.
Mehr als ein Viertel der Wirbellosen-Arten sind vom Aussterben bedroht. Vorzeitige Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung werden auf sechs bis sieben Millionen Menschen jährlich beziffert. Am schwersten betroffen, insbesondere von Feinstaub, sind Menschen in Ländern mit schneller Urbanisierung und jene drei Milliarden, die zum Kochen, Heizen oder für Beleuchtung Brennstoffe wie Holz, Kohle, Dung oder Petroleum anzünden.
Der Bericht räumt ein, dass manches besser geworden sei, etwa durch die internationale Ächtung mancher Chemikalien oder durch Luftreinhalte-Vorschriften in Industrieländern. Diese Fortschritte werden aber durch größere Verschlechterungen in anderen Bereichen zunichte gemacht, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern und in schnell wachsenden Städten. Der Ausstoß von Treibhausgasen wächst mit der Zahl der nationalen Klimagesetze. Sie hat sich zwischen 1998 und 2010 verfünffacht.