Glück

Etwas zu wissen oder nicht, macht einen Unterschied in der eigenen Perspektive.

Es war im Hause Goethe vor annähernd 200 Jahren, exakt am 24. April 1819, als der Hausherr bei einer Samstagabendgesellschaft unter anderem Luise Adelaide Lavinia Schopenhauer, die eng mit Goethes damals 23-jähriger späteren Schwiegertochter Ottilie Wilhelmine Ernestine Henriette befreundete gleichaltrige Schwester des Philosophen, den 46-jährigen Dichter Johann Ludwig Tieck und den zwei Jahre jüngeren Clemens Coudray, seinerzeit Oberbaudirektor des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, um sich hatte.

Erst ging es um die Eigentümlichkeit der deutschen Sprichwörter im Vergleich zu anderen Nationen, dann sprach Goethe über die Kunst zu sehen und sagte: „Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht. Oft sieht man lange Jahre nicht, was reifere Kenntnis und Bildung an dem täglich vor uns liegenden Gegenstande erst gewähren lässt. Die Erziehung ist nichts anders als die Kunst zu lehren, wie man über eingebildete oder doch leicht besiegbare Schwierigkeiten hinauskommt.“

Erziehung und Bildung sind für Goethe in diesem Moment Synonyme. Ich hätte nachgefragt, ob sich durch Bildung mit tatsächlichen Schwierigkeiten ebenso fertigwerden lässt. Davor allerdings steht – dem Ungebildeten eine unüberwindbare Mauer, dem Gebildeten ein Weitblick verheißender Gipfel – die grandiose Feststellung, dass uns noch so Offensichtliches verborgen bleibt, so lange wir nichts davon wissen. Gilt das nicht ebenso für das Glück?

Man hat es nur, wenn man es weiß.

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