die Bloggeschichte

Sprechen mit Bedacht fällt schwer. Lieber schreibe ich. Die Idee für einen Blog kam mir im Jahr 2012. Das Besondere an so einem Internet-Journal ist, dass das Veröffentlichte nicht ein für allemal so bleiben muss. Ich kann es verändern, ergänzen, revidieren. So bleibt es nahe bei mir und wird kein ‚Schnee von gestern‘. So bleibt es lebendig. „Etwas Lebendes ist mir lieber, als alle Schätze der Welt“, sagt Rumpelstilz, dem ich mich nahe fühle wie keiner anderen LiteraturFigur.

Zunächst nannte ich den Blog linkszeit und ließ diesen Namen sogar als Wortmarke schützen. Ich hatte Sorge vor Missbrauch, denn ‚links sein‘ ist nicht allein eine politische Haltung. Der französische Philosoph Gilles Deleuze sieht darin die Fähigkeit, die Welt nicht allein von sich aus zu betrachten, sondern die Perspektive zu wechseln. Dann könnten wir vielleicht ein Gleichgewicht erhalten und uns die Fähigkeit, noch länger den Planeten zu bewohnen.

2016 gab ich dem Blog den Namen PLATEAU 0496. Das Bild dazu ist der Blick auf eine Art karierte Tapete, die aber keine Wand beklebt. Stattdessen gewährt sie Einblick in mein virtuelles ‚Oberstübchen‘. ‚Plateau‘ spielt auf das 1980 erschienene Buch „Tausend Plateaus: Kapitalismus und Schizophrenie“ von Deleuze an. Plateaus sind die Kapitel des Buches und haben die besondere Eigenschaft, von jeder Stelle aus gelesen werden zu können. Gleichzeitig reihen sie sich nicht nur aneinander, sondern lassen sich mit jedem anderen in Beziheung bringen, sich vernetzen. Das ist die Erfindung des Internets, bevor es in den 1990er Jahren als technische Errungenschaft die Welt eroberte. 0496 ist eine von drei Zahlen zwischen Eins und Tausend, die die Mathematiker ‚vollkommen‘ nennen und ist mein Hinweis auf die Besonderheit der von Deleuze erfundenen Textstruktur.

Dieses Bild verließ ich, als die Frage nach einem Daseinssinn für mich in den Mittelpunkt rückte. Den Blog benannte ich in sinnsein um, weil ich nicht akzeptieren wollte, dass ein Dasein für sich genommen keinen Sinn hat. Solange ich ihm einen gebe, dachte ich trotzig, sei er auch über mich hinaus vorhanden.

Letzten Endes fand ich wieder zu der schönen Plateau-Idee zurück und kam ihr vielleicht noch näher als zuvor. Damit einher geht der neue Name gescheit ert. Mögen andere die Welt ganz anders sehen, als gescheit Gescheiterter fühle ich mich der Wirklichkeit, wie ich sie erlebe, am nächsten.