Bambus

Seit fast vier Milliarden Jahren gibt es Leben auf der Erde, der Ursprung der heutigen Flora und Fauna liegt mehr als 60 Millionen Jahre zurück. Seit ungefähr 200 000 Jahren gibt es Homo sapiens, und seit ungefähr 12 000 Jahren kultivieren Menschen Pflanzen.

Horden und Sippen, die frühen Formen menschlichen Zusammenlebens, ähneln denen der Tierwelt. Größere Gemeinschaften erfordern andere Strukturen. Die imposanten Bäume inspirierten uns. Nach ihrem Vorbild ordnen und regulieren wir bis heute unser Zusammenleben. Nach ihrem Vorbild weisen wir uns Plätze zu und verfolgen Ziele.

Nun stirbt ein Baum irgendwann, oder er fällt schon zuvor durch Blitzschlag oder verbrennt. Oder wir fällen ihn, zu unserem Nutzen. Auf ähnliche Weise setzen wir einander zu. Was tun wir nicht alles, um uns zu schützen. Zäune und Grenzen ziehen, um unsere Häuser und Hierarchien zu schützen. Kriege führen um des lieben Friedens willen.

Bambus ist nur auf den ersten Blick ein Baum. Tatsächlich gehört er zu den rhizomen Gewächsen. Sie entstehen aus einem unterirdisch oder dicht über dem Boden wachsenden System von Sprossachsen. Auch wenn Teile davon beschädigt, zerstört oder entfernt werden, bleiben sie erhalten. 

Gilles Deleuze (1925 bis 1995) führt das Rhizom als Begriff in die Philosophie ein. Bei ihm ist es – im Unterschied zur Baum-Metapher für hierarchische Strukturen – die Metapher für eine alternative Art, Wissen zu organisieren und die Welt zu beschreiben. Seither sind rhizome Konzepte für die Wissenschaftstheorie, Medienphilosophie und Kulturwissenschaft von erheblichem Interesse. Heute ist das Internet ein herausragendes Beispiel für die Bedeutung rhizomer Strukturen.