Marina Abramović

In „Kensington Gardens“ in London, liegt die „Serpentine Gallery“, ein Museum für zeitgenössische Kunst. Darin schuf die Performance-Künstlerin Marina Abramović (geb. 1946) im Sommer 2014 einen „zeitlosen Raum, in dem Menschen Stunden an Zeit mit mir verbringen können. Das Museum wird leer sein, keine Kunstwerke nirgendwo. Ich werde diesmal einfach alles weglassen, selbst ein Konzept“.

‚Künstler‘ will die Serbin genannt werden, nicht ‚Künstlerin‘. Sie sagt, dass „Kunst kein Geschlecht hat“ und sie „den Feminismus und alles, wofür er steht, nicht leiden kann, denn er stellt Frauen in ein Getto. Wenn, dann nennt mich Kriegerin“.

Geboren ist sie 1946 in Belgrad, das nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Hauptstadt der Sozialistischen Republik Jugoslawien wurde. Ihre Eltern kämpften als Partisanen in der „Volksbefreiungsarmee“ gegen Nationalsozialisten und Faschisten. Ihre Mutter war Majorin der Volksarmee, ein Großonkel in den 1930er Jahren Patriarch der Serbisch-Orthodoxen Kirche.

Sind im Londoner königlichen Park die Zeiten vorbei, wo sie sich Pentagramme in den Bauch ritzte, mit Wucht gegen Wände lief, sich über Kerzen aufhängen ließ, sich mit einem Messer in die Hand stach und anderes Erschreckende mehr?

„Wir fürchten den Schmerz. Wir wollen nur Dinge tun, die wir mögen. Doch wer immer den Weg des geringsten Widerstandes geht, ändert nichts in seinem Leben und dreht sich im Kreis. Man muss im Leben Risiken eingehen, dorthin gehen, wo noch keiner war. Als Kolumbus nach Westen aufbrach, dachte man noch, die Erde wäre eine Scheibe. Er stach mit der Angst in See, irgendwann von der Erde zu fallen und entdeckte Amerika. Als Künstler muss man bereit sein, von der Erde zu fallen.“

An ihrem 14. Geburtstag schenkte der Vater ihr einen Revolver, und sie träumte davon, die Mutter umzubringen, die ihr ganzes Leben kontrollierte, doch unweit des Denkmals für Peter Pan, dem traurigen Jungen, der auf der fiktiven Insel „Nimmerland“ wohnt und niemals erwachsen wird, zog sie wie einen Schleier ihre Schönheit an Körper und Seele über „Kensington Gardens“. Wieder einmal Erstauen ihrer Bewunderer und Kritiker, löste sie diesmal unsere Maßlosigkeit in sanfte Weite und unser Kampfgetöse in weiche Stille auf.

„Nie hätte ich gedacht, dass sich so viele Menschen darauf einlassen würden. Vor allem nicht hier in England. Da bleibt man lieber reserviert, verschanzt sich im Zynismus.“ Jeden Morgen, pünktlich 10:00 Uhr vormittags öffnete sie drei Monate lang die gläsernen Flügeltüren der Galerie, trat ins Freie und begrüßte jeden Gast persönlich: „Ich bin für Sie da. Ich verstecke mich nicht. Ich mache mich verfügbar.“