Sebastião Salgado

Tief im zweiten Teil meines Lebens, auf der Suche nach dem ‚Salz der Erde‘, kreuzte ich die Spur des brasilianischen Fotografen und Umweltaktivisten Sebastião Salgado (1944). In seinen beseelten Händen hört eine Kamera auf, ein technischer Kasten zu sein, der Anblicke abbildet. Stattdessen fixiert er mit ihr den flüchtigen Augenblick und hebt ihn auf und brennt ihn ein. Das ist unter Umständen lebensgefährlich.

„Wir sind bösartige, schreckliche Tiere, wir Menschen“, war sein Fazit, nachdem er in den 1990er Jahren sechs Jahre lang Flüchtlingsströmen in aller Welt gefolgt war. „Ich sah viel Leid und großen Mut, doch vor allem wurde ich Zeuge von Gewalt und Brutalität in einem Ausmaß, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Als ich das Projekt abschloss, hatte ich jede Hoffnung auf eine Zukunft für die Menschheit verloren.“

Mich erschüttert an dem Projekt, dem Bildepos „Migranten“, vor allem die wiederholte Beobachtung Salgados, dass Menschen, denen größte Grausamkeit widerfährt, anderen ohne weiteres das Gleiche antun können, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen. Salgado wurde schwerkrank. Dank Lélia Deluiz Wanick, seiner Ehefrau und Gefährtin in Seele und Geist, blieb er am Leben und gründete 1998 mit ihr das „Instituto Terra“.

„Instituto Terra“ ist der gelungene Versuch, die von seinen Vorfahren durch rücvksichtslose Rodung und intensive Viehzucht ruinierte Fläche seiner Vorfahren, zu renaturieren. Mit einem kleinen Team, unterstützt von welt-weit-sichtigen Menschen, stellte er mit vier Millionen Setzlingen von über 200 verschiedenen Baum- und Pflanzenarten auf 676 Hektar ursprünglichen Regenwald wieder her.

Aus dieser ‚Wunderheilung‘ erwuchsen ihm Kraft und Inspiration für ein neues BildWerk, das er „Genesis“ nannte. „Ich wollte erkunden, wie Natur und Menschheit so lange in dem, was wir heute ökologisches Gleichgewicht nennen, koexistieren konnten. Dieses Werk ist eine visuelle Liebeserklärung an die Erhabenheit und Zartheit der Welt. Doch es ist zugleich auch eine Mahnung, so hoffe ich, dies alles nicht aufs Spiel zu setzen.“

In einem Geleitwort spricht Irina Bokova, 2009 bis 2015 Generaldirektorin der UNESCO, von einer „Hommage an den großen und atemberaubenden Reichtum unseres Planeten“, von einem „Aufruf an uns alle, zu erkennen, dass jeder daran mitwirken muss, unseren Planeten zu erhalten und Lebensentwürfe zu finden, die uns in die Zukunft führen“.